Netzwerk diskriminierungsfreies RLP begrüßt Vereinbarungen der Ampelkoalition zum Diskriminierungsschutz
„Die geplanten Maßnahmen nehmen auch die Länder in die Pflicht!“
Das Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz (NdRLP) begrüßt die im Entwurf des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP vereinbarten Verbesserungen im Diskriminierungsschutz.
Die Ankündigung, bestehende Schutzlücken im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schließen, den Rechtsschutz verbessern sowie den Anwendungsbereich des Gesetzes auszuweiten zu wollen, greift jahrelange Forderungen zivilgesellschaftlicher Akteur*innen der Beratungs- und Unterstützungsarbeit auf: „Dabei wird es sehr auf die konkrete Umsetzung ankommen“, sagt Joachim Schulte, Mitglied im Vorstand des NdRLP: „Um die Schutzwirkung des Gesetzes entscheidend zu verbessern, braucht es insbesondere die Verlängerung der Fristen zur Geltendmachung einer Diskriminierung auf mindestens ein Jahr, eine deutliche Ausweitung der Beteiligungsrechte von Interessensvertretungen bis hin zum Verbandklagerecht und die Ausweitung des Geltungsbereiches auf weitere Personengruppen wie z.B. chronisch Kranke und Merkmale wie z.B. Klassismus.“
Das Netzwerk begrüßt zudem die zugesagte Kompetenzstärkung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sowie die Ankündigung, ihre Unabhängigkeit sichern und ihre Personal- und Budgetausstattung verbessern zu wollen: „Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nimmt seit ihrer Einrichtung im Jahr 2006 eine wichtige Fürsprecher*innenrolle für die Belange der von Diskriminierung betroffenen Menschen wahr. Leider hat die Große Koalition sie in der Vergangenheit bei der Wahrnehmung dieser Funktion viel zu wenig unterstützt“, sagt Joachim Schulte weiter „Es ist gut, dass die neue Bundesregierung das jetzt ändern will.“
Eine weitere Absichtserklärung der Ampelkoalition auf Bundesebene greift Torsten Jäger, ebenfalls Mitglied des Vorstands, auf: „Der angekündigte flächendeckende Ausbau und die nachhaltige Finanzierung zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen gegen Diskriminierung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern würde dem gesetzlichen Diskriminierungsschutz endlich das dringend erforderliche ‚Unterstützungshinterland‘ vor Ort geben. Die ‚Bundesampel‘ nimmt an dieser Stelle zurecht auch die Länder – und damit auch die rheinland-pfälzische ‚Landesampel‘ – in die Pflicht.“
Neben weiteren Ankündigungen wie z.B. die Einrichtung eines*r Anti-Ziganismus-Beauftragten und eines*r Anti-Rassismus-Beauftragten begrüßt das NdRLP insbesondere auch die Absicht der voraussichtlichen Regierungsparteien, Studien über die innere Verfasstheit von Einrichtungen und ihren Beschäftigten fördern zu wollen, um den Diskriminierungsschutz auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse weiter verbessern zu können: „Zuletzt hat der Afrozensus, eine Untersuchung zur Lebenswirklichkeit und den Diskriminierungserfahrungen von Schwarzen Menschen in Deutschland, eindrucksvoll gezeigt, wie dringend erforderlich solche Untersuchungen z.B. im Hinblick auf die Polizei und die Sicherheitsbehörden sind. Über 60 Prozent der ca. 6.000 Befragten gaben dabei an, in der Vergangenheit ohne erkennbaren Anlass in Polizeikontrollen geraten zu sein“, so Torsten Jäger weiter.
„Die geplanten Maßnahmen der Ampelkoalition können, wenn sie umfassend und im Interesse der Betroffenen umgesetzt werden, wichtige Beiträge zu mehr Gleichberechtigung, Repräsentanz, Teilhabe und Akzeptanz in unserer Vielfaltsgesellschaft leisten“, bilanzieren Joachim Schulte und Torsten Jäger: „Sie nehmen zugleich die Landesebene und damit auch die rheinland-pfälzische Landesregierung in die Pflicht. Sie muss sich am Ausbau der zivilgesellschaftlichen Beratungslandschaft vor Ort angemessen beteiligen und über ein eigenes Landesantidiskriminierungsgesetz zeitnah umfassenden Diskriminierungsschutz in Bereichen gewährleisten, die im föderalen System der Bundesrepublik in die Verantwortung der Länder fallen. Hier sind insbesondere der Bildungsbereich und das landesbehördliche Handeln zu nennen.“