Es gibt kein Mehr oder Weniger an Menschenwürde!

Leitbild des Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.

Vorbemerkungen

  • Der nachfolgende Text besteht aus zwei aufeinander bezogenen und sich ergänzenden Teilen:
    • einem Leitbild, in dem die „Vision“ des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ und seine Grundsätze und Werthaltungen beschrieben sowie die künftigen Handlungsfelder des Vereins benannt werden und
    • einer Anlage, die die im Leitbild benannten Handlungsfelder näher beschreibt und beleuchtet, Grundzüge der angestrebten Geschäftsstellenstruktur skizziert und konkrete erste Schritte benennt, die das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ nach seiner Gründung im Herbst 2021 unternehmen wird.
  • Mit dem Ziel der Förderung eines respektvollen und wertschätzenden Miteinanders bemüht sich das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ um eine gendergerechte Schreibweise und verwendet in diesem Papier daher durchgehend den „:“. Dieses Zeichen „konkurriert“ derzeit u. a. mit dem „*“ oder Initiativen für die Setzung eines neuen Zeichens, das die Berücksichtigung aller Gender-Formen (auch die nicht binärer und trans*/inter*-Personen) inkludiert.

Die Autor:innen sehen in der derzeitigen Debatte über die zielführendste Zeichenvariante ein positives Zeichen für die intensiven Bemühungen um eine möglichst inklusive Sprache. Sie regen – da es diesbezüglich innerhalb des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ bislang keine abgestimmte Position gibt – eine interne Diskussion darüber an, welches Zeichen künftig in Veröffentlichungen des Netzwerks verwendet werden sollte. Die Verwendung des „:“ in diesem Papier stellt diesbezüglich kein Präjudiz dar.

Unser Leitbild

Die Mitglieder des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ teilen die nachfolgende Vision einer diskriminierungsfreien Gesellschaft und bekennen sich zu den folgenden Grundsätzen und Wertehaltungen:

1. Vision

Es gibt kein Mehr oder Weniger an Menschenwürde! Es gibt kein Besser oder Schlechter der Verschiedenheit der Menschen! Das im Alltag erfahrbar und lebbar zu machen, ist die Vision des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ und sein oberstes Ziel.

Alle Menschen haben das Recht, so zu sein und im Rahmen der Rechtsordnung zu leben, wie sie sind – mit all ihren persönlichen Eigenschaften. Dieses aus der unveräußerlichen Würde des Menschen abgeleitete Recht muss für alle Menschen konkret und nicht nur ein fernes Versprechen sein, das „Irgendwann einmal“ eingelöst werden soll. Die Qualität des friedlichen Zusammenlebens bemisst sich daran, wie es gelingt, dieses Recht für alle gleichermaßen – ohne Ansehen der Person – in den Alltag umzusetzen.

Hierzu bedarf es neben der Arbeit für die gesellschaftliche Akzeptanz von Vielfalt und Unterschiedlichkeit und wirksamer rechtlicher Schutzmechanismen und Unterstützungsstrukturen gegen Diskriminierung immer auch der kritischen Selbstreflektion und des merkmalsübergreifenden Austauschs aller Akteur:innen der Antidiskriminierungsarbeit.

2. Grundsätze und Werthaltungen

  • Das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ basiert auf der von allen Mitgliedern geteilten Überzeugung, dass
    • die Akzeptanz von Vielfalt und die Gleichwertigkeit aller Menschen unabhängig von tatsächlichen oder ihnen zugeschriebenen Merkmalen sowie
    • Gleichberechtigung und Chancengleichheit und Freiheit von Diskriminierung

nicht nur soziale Verpflichtungen sind, sondern als unverrückbare Rechte zum Kernbestand der Menschenrechte gehören.

  • Das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ versteht Vielfalt und Unterschiedlichkeit als gesellschaftliche Stärke und als gesellschaftliches Potential im Sinne des Diversity-Ansatzes. Es wertschätzt daher individuelle Vielfalt und setzt sich für die umfassende Inklusion aller, unabhängig von tatsächlichen oder ihnen zugeschriebenen Merkmalen, ein.
  • Das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ verfolgt einen horizontalen bzw. merkmalsübergreifenden Ansatz. Es versteht die Arbeit für die Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt und gegen individuelle, institutionelle und strukturelle Diskriminierung als Herausforderungen, die intersektional bzw. mehrdimensional bearbeitet werden müssen und entsprechender Handlungs- und Unterstützungsstrategien bedürfen.
  • Das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ orientiert sich an dem in Artikel 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes formulierten Ziel, alle Diskriminierungen und Benachteiligungen, unabhängig ob aus rassistischen Gründen oder aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Es arbeitet daher sowohl präventiv als auch kurativ.
  • Das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ versteht die im AGG genannten tatsächlichen oder Personen zugeschriebenen Diskriminierungsmerkmale nicht als abschließend. Es setzt sich daher weitergehend auch für den Schutz vor Diskriminierung aufgrund anderer tatsächlicher oder zugeschriebener Merkmale (z.B. sozialer Status, chronische Erkrankung, nicht-deutsche Herkunftssprache) ein. Es ist offen für die Mitgliedschaft und Mitarbeit von Organisationen, die Interessen von diskriminierungsgefährdeten Personengruppen vertreten, die nicht im AGG genannt sind.
  • Das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ versteht sich gleichermaßen als zivilgesellschaftliches Komplementär und als zivilgesellschaftliche Gegenüber staatlicher Strukturen, die mit dem Schutz vor Diskriminierung und der Weiterentwicklung des Diskriminierungsschutzes befasst sind.
  • Das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ als „Landesorganisation“ ist zur Verwirklichung seiner Ziele offen für Vernetzung und Kooperation mit regionalen, bundesweiten oder internationalen, dem Diskriminierungsschutz verpflichteten, Einrichtungen/Organisationen.
  • Die Mitglieder des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ betrachten die Bereitschaft zur kritischer Selbstreflektion und aktiver Auseinandersetzung mit diskriminierungsfördernden Vorurteilen innerhalb des Netzwerks als unverzichtbare Grundvoraussetzungen für ein glaubwürdiges und wirkungsvolles Engagement gegen Diskriminierung.

3. Handlungsfelder

Das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ strebt nach der Gründung und Anerkennung als eingetragener Verein seine Anerkennung als Allgemeiner Antidiskriminierungsverband für Rheinland-Pfalz an und agiert in eigener Verantwortung u.a. in den folgenden Handlungsfeldern, die in der Anlage zu diesem Papier näher beschrieben werden:

  • Qualifizierung und Unterstützung der Beratungsarbeit vor Ort;
  • Unterstützung und Begleitung von Betroffenen (ggf. in Zusammenarbeit mit Beratungsstrukturen vor Ort);
  • Vernetzungsarbeit zwischen regionalen Akteur:innen und auf Bundes- oder internationaler Ebene sowie Organisation netzwerkinterner, voneinander lernender Austauschprozesse;
  • Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit;
  • Politikberatung (Policy brief);
  • Weiterentwicklung des Diskriminierungsschutzes durch Richter:innenrecht;
  • Informations-, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

 

Anlage zum Leitbild des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“

 

Zum Hintergrund

Im Jahr 2010 haben sich landesweite Organisationen entlang der im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) benannten Merkmale im „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz“ zu einem losen Verbund ohne Rechtsform zusammengeschlossen[1]. Im Mittelpunkt der Arbeit des Netzwerks standen bisher

  • der interne Austausch durch Einspeisung wechselseitiger Erfahrungen;
  • die Entwicklung von Handlungsstrategien und -ansätzen zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes (Entwicklung und Qualifizierung von Beratungsangeboten vor Ort, Öffentlichkeitsarbeit) sowie deren Erprobung im Rahmen von „Modellprojekten“ in der Trägerschaft jeweils einer Mitgliedsorganisation und
  • der Austausch mit der Landesregierung, insbesondere der Landesantidiskriminierungsstelle.

Die dabei gewonnen Erfahrungen waren wertvoll und wichtig und sollen nunmehr aus folgenden Gründen in eine neue Struktur überführt werden:

  • Inhaltlich: Der lose Netzwerk-Verbund landesweiter Organisationen mit profunder Expertise zu jeweils einem „Diskriminierungsmerkmal“ kann nicht vollumfänglich auf die vielfältigen Herausforderungen reagieren, die mit der Mehrfachdiskriminierung aufgrund verschiedener Merkmale verbunden sind. Konstellationen, in denen Personen nicht ausschließlich aufgrund eines, sondern mehrerer ihnen zugeschriebenen Merkmale diskriminiert werden, sind eher die Regel als die Ausnahme. Sie drohen, durch die Maschen eines Netzwerks von Organisationen zu fallen, die primär jeweils einem Merkmal verpflichtet sind. Um ihren Bedarfen gerecht zu werden, braucht es einen verlässlichen, durchgehend intersektional orientierten Handlungs- und Unterstützungsansatz.
  • Strukturell: Das Netzwerk als loser Zusammenschluss ohne Rechtsform wird perspektivisch nicht die Voraussetzungen erfüllen können, um als Antidiskriminierungsverband anerkannt zu werden und somit in gerichtlichen Verfahren als Beistand von Betroffenen auftreten (§23 [2] AGG) oder deren Rechtsangelegenheiten besorgen (§23 [3] AGG) zu können. Hierzu bedarf es einer über die lose Netzwerkstruktur hinausgehenden Rechtsform.

Die strukturelle Weiterentwicklung des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz“ ist aus den beiden zuvor genannten Gründen dringend geboten. Dieser Prozess, der bereits Ende 2020 mit Unterstützung der Landesregierung eingeleitet wurde, bietet zudem die Gelegenheit:

  • Projekte und Maßnahmen zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes in Rheinland-Pfalz künftig in eigener inhaltlicher und finanzieller Verantwortung entwickeln, beantragen und durchführen zu können;
  • die bisherige Abhängigkeit des gesamten Netzwerks von der unterschiedlich ausgeprägten und von anderen „Kernverpflichtungen“ abhängenden Bereitschaft zum Engagement einzelner Akteur:innen in den Mitgliedsorganisationen zu überwinden und
  • in die neue – intersektional ausgerichtete – Struktur auch bisher abseits stehende Akteur:innen einzubinden, die entweder ein „Merkmal“ im Sinnes des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vertreten oder weitergehend „Merkmale“ wie z.B. den sozialen Status (Leistungsbezug, Wohnsitzlosigkeit etc.), eine chronische Erkrankung oder eine nicht-deutsche Herkunftssprache repräsentieren, die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht genannt, wohl aber vielfach mit Diskriminierungen konfrontiert sind.

Die Handlungsfelder im Einzelnen

Qualifizierung und Unterstützung der Beratungsarbeit vor Ort

Menschen, die Diskriminierungserfahrungen gemacht haben, brauchen niedrigschwellige und zugleich kompetente Anlaufstellen vor Ort, an die sie sich vertrauensvoll wenden können. Langfristiges Ziel muss es sein, regionale merkmalsübergreifende „Antidiskriminierungsbüros“ aufzubauen, an die sich Betroffene wenden, über ihre Diskriminierungserfahrungen berichten, sie einordnen und eine Entscheidung darüber treffen können, ob und wie sie sich gegebenenfalls zur Wehr setzen wollen. Das aber ist ein weiter Weg.

Bis dieses Ziel erreicht ist, bedarf es der diesbezüglichen Sensibilisierung und Qualifizierung bereits bestehender „merkmalspezifischer“ Anlauf- und Beratungsstellen, die es in Rheinland-Pfalz auf kommunaler Ebene gibt (z.B. Regionalstellen von Selbstorganisationen diskriminierungsgefährdeter Personengruppen, Sozial- und Migrationsberatungsstellen, Frauen-, Migrant:innen-, Senior:innen- und Kinder- und Jugendbeiräte, kommunale Beauftragte, sonstige Projekte und Initiativgruppen etc.).

In diesem Zusammenhang vom „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ u.a. zu leistende Tätigkeiten:

  • Sensibilisierung von Entscheider:innen in den vorhanden Anlauf- und Beratungsstellen vor Ort für die Relevanz von Antidiskriminierungsarbeit;
  • Unterstützung beim Aufbau/bei der Weiterentwicklung ihrer diesbezüglichen Beratungsstrukturen und -ressourcen u.a. durch:
    • Erarbeitung und Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen für Mitarbeitende (u.a. Grundlagenkenntnisse und vertiefende Module zur Mehrdimensionalität von Diskriminierung und zum rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, stärkender und solidarischer Umgang mit Menschen, die Diskriminierungserfahrungen gemacht haben, Fall-Dokumentation);
    • Regelmäßige Vernetzung der Anlauf- und Beratungsstellen zum Informations- und Wissenstransfer sowie zum reflektierenden und stärkenden Austausch;
    • Ermöglichung von Supervision für Berater:innen;
    • Wahrnehmen einer Back-up-Funktion für Berater:innen, z.B. im Hinblick auf schwierige Beratungskonstellationen oder zur Verfügung stehende (rechtliche) Instrumente sowie
    • die vollständige Übernahme eines Beratungsfalles.

Unterstützung von Betroffenen (ggf. in Zusammenarbeit mit Beratungsstrukturen vor Ort)

Im Fall der vollständigen Übernahme eines Beratungsfalles durch das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ von einer Beratungsstruktur vor Ort sowie nach der Übernahme eines Beratungsfalles aufgrund direkter Kontaktaufnahme von Betroffenen oder der exemplarischen Bedeutung eines Einzelfalles müssen in der Geschäftsstelle alle Ressourcen verfügbar sein, um den Einzelfall zu bewerten und zu dokumentieren, die Betroffenen sowohl rechtlich als auch psycho-sozial und/oder sozial-pädagogisch fundiert zu beraten und zu begleiten sowie ggf. außergerichtliche Klärungs- und Schlichtungsmaßnahmen einzuleiten oder die Betroffenen auf dem Klageweg zu unterstützen.

In diesem Zusammenhang vom „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ u.a. zu leistende Tätigkeiten:

  • Betroffenen-Beratung im Hinblick auf die Einordnung einer Diskriminierungserfahrung;
  • Psycho-soziale und sozial-pädagogische Beratung und Begleitung von Betroffenen bzw. ggf. ihre Vermittlung in entsprechende vertiefend qualifizierte Beratungsstrukturen;
  • Erstellung von Fall-Dokumentationen in Übereinstimmung mit einer zu erarbeitenden Guideline, die die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen umfassend gewährleistet;
  • Einleitung außergerichtlicher Klärungs- oder Schlichtungsmaßnahmen;
  • Prozessbeistand in einem Klageverfahren.

Vernetzungsarbeit zwischen regionalen Akteur:innen und auf Bundes- oder internationaler Ebene sowie Organisation netzwerkinterner, voneinander lernender Austauschprozesse

Der Informations- und Wissenstransfer sowie der reflektierende und stärkende kollegiale Austausch sind zentrale Bausteine der Qualitätssicherung und – steigerung der Beratung, Begleitung und Unterstützung von Menschen mit Diskriminierungserfahrungen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Beratungsstrukturen vor Ort, die Erfahrungen austauschen und voneinander lernen können, als auch im Hinblick auf das „voneinander lernen“ der Mitglieder des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ und auf seine Geschäftsstelle, die im regelmäßigen Austausch mit regionalen Beratungsstellen einen Überblick über „Diskriminierungsschwerpunkte und übergreifende Herausforderungen im Land bekommt, denen zu begegnen ist und die im Austausch mit anderen Landes- und Bundesorganisationen oder mit internationalen Akteur:innen gemeinsame Aktionsfelder und Herausforderungen identifizieren und konzertiert angehen kann.

In diesem Zusammenhang vom „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ u.a. zu leistende Tätigkeiten:

  • Ausrichtung regelmäßiger Austausch- und Vernetzungstreffen mit Mitarbeiter:innen von Beratungsstrukturen vor Ort in Rheinland-Pfalz;
  • Organisation regelmäßiger Austausch- und Arbeitstreffen der Mitglieder des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ sowie der Mitglieder mit der Geschäftsstelle;
  • Regelmäßige Teilnahme an Austausch- und Vernetzungstreffen von Akteur:innen der Antidiskriminierungsarbeit in den Ländern, im Bund und auf internationaler Ebene.

 

Bildungs-, Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit

Angesichts gegenläufiger Entwicklungen in öffentlichen Diskursen beispielhaft in den sozialen Medien – Akzeptanz und Unterstützung für gruppenbezogen menschenfeindliche Einstellungen, In-Frage-Stellung der Unteilbarkeit von Menschenrechten, Tendenz zur Entsolidarisierung angesichts gesellschaftlicher Krisen – ist es eine zentrale Aufgabe des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“, durch zielgruppenorientierte Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit das Bewusstsein für den Wert und die Chancen einer vielfältigen solidarischen Gesellschaft und aller ihrer Sektoren zu schärfen. Sie muss darauf abzielen deutlich zu machen, dass die Freiheit von Diskriminierung zum Kernbestand der Menschenrechte gehört und der Abbau von Diskriminierungen eine Grundvoraussetzung für Zusammenhalt ist.

Gleichzeitig muss die Bildungs-, Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit des Vereins Menschen mit Diskriminierungserfahrungen, diskriminierungsgefährdete Personen und Unterstützer:innen adressieren, sie stärken und dazu ermutigen, sich gegen Diskriminierungen zur Wehr zu setzen.

Sie umfasst daher sowohl präventive als auch kurative Maßnahmenansätze.

In diesem Zusammenhang vom „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ u.a. zu leistende Tätigkeiten:

  • Zielgruppenorientierte Veranstaltungen und Veröffentlichungen mit dem Ziel der Sensibilisierung für Vielfalt als wertzuschätzende gesellschaftliche „Normalität“ und für Diskriminierungsfreiheit als Grundvoraussetzung für gesellschaftlichen Zusammenhalt;
  • Entwicklung und Durchführung von Angeboten zur Stärkung von Menschen mit Diskriminierungserfahrungen und diskriminierungsgefährdete Personen sowie deren Unterstützer:innen (Empowerment);
  • Präventionsorientierte Adressierung von Multiplikator:innen in besonders „diskriminierungsanfälligen“ Strukturen (Arbeit, Bildung, Verwaltung) durch gezielte Ansprache (Sensibilisierung, Motivierung, Aufzeigen von Handlungsoptionen).

Politikberatung (Policy brief)

Die staatlichen Institutionen als ein Standbein der Antidiskriminierungsarbeit in Rheinland-Pfalz bedürfen eines starken zivilgesellschaftlichen Komplementär und Gegenübers, das (a) basisnah agiert, (b) die Erkenntnisse seiner alltäglichen Arbeit für und mit von Diskriminierung betroffenen Personen verdichtet und (c) diese Expertise in den Prozess der Weiterentwicklung des Diskriminierungsschutzes einspeist.

In diesem Zusammenhang vom „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ u.a. zu leistende Tätigkeiten:

  • Gesprächsgegenüber der Landesregierung (insbesondere der LADS) bei Plänen zur Weiterentwicklung des Diskriminierungsschutzes in RLP;
  • Organisation von (regelmäßigen) Austauschgesprächen mit Fraktionen und Verwaltung auf Landesebene und auf kommunaler Ebene;
  • Treiber:innen“- Funktion für Kommunen, Land und Akteur*innen z.B. in der Arbeitswelt mit dem Ziel der Weiterentwicklung des Diskriminierungsschutzes in Rheinland-Pfalz.

Weiterentwicklung des Diskriminierungsschutzes durch Richter:innenrecht

Die Klärung, Stärkung und Erweiterung rechtlicher Schutzinstrumente gegen Diskriminierung durch Richter:innenrecht ist – insbesondere angesichts der noch jungen „Antidiskriminierungstradition“ in Deutschland und in Rheinland-Pfalz – eine wichtige Triebfeder für den Schutz vor Diskriminierung und für die Herstellung von Rechtssicherheit. Vor diesem Hintergrund sind Möglichkeiten der strategischen Prozessführung und der Klageerhebung durch Antidiskriminierungsverbände von elementarer Bedeutung. Diese Möglichkeiten sind im Antidiskriminierungsrecht jedoch bisher nicht vollumfänglich implementiert. Ebenso wenig gibt es in Rheinland-Pfalz derzeit einen behördlich anerkannten Antidiskriminierungsverband, der diese Aufgabe wahrnehmen könnte. Voraussetzung hierfür wäre die Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes auf Landesebene, das Klageberechtigungen durch einen Antidiskriminierungsverband beinhaltet und die Voraussetzungen zur Anerkennung als Antidiskriminierungsverband regelt. Das vorausgesetzt begründen sich für das „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ im genannten Handlungsfeld zwei Herausforderungen, denen zu begegnen ist.

In diesem Zusammenhang vom „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ u.a. zu leistende Tätigkeiten:

  • Betreiben des Verfahrens zur Anerkennung als Antidiskriminierungsverband;
  • Perspektivisch im Anschluss: Nutzung des Instruments der Verbandsklage und der strategischen Prozessführung zur Weiterentwicklung des Diskriminierungsschutzes in Rheinland-Pfalz durch Richter:innenrecht.

Informations-, Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Die Informations-, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ adressiert ihre Zielgruppen gleichermaßen über analoge (z.B. Print) als auch digitale Kommunikationswege (z.B. soziale Medien). Sie dient gleichermaßen

  • der Erzeugung von Aufmerksamkeit für die (Dringlichkeit der) Thematik insbesondere bei Multiplikator:innen und Vertreter:innen der Medien;
  • der Information von Betroffenen über Möglichkeiten der Bearbeitung und Gegenwehr gegen individuelle Diskriminierungserfahrungen.

In diesem Zusammenhang vom „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ u.a. zu leistende Tätigkeiten:

  • Bebilderung des Grades und der Auswirkungen von Diskriminierung durch Presse- und Informationsarbeit (Einzelfälle und regelmäßiger „Lagebericht“);
  • Informationsarbeit zu rechtlichen und sonstigen Instrumenten gegen Diskriminierung (Möglichkeiten der Beratung zur Einordnung und Bearbeitung von Diskriminierungserfahrungen sowie der Geltendmachung von Ansprüchen);
  • Informationsarbeit zur Bekanntmachung von Fortbildungs- und Qualifizierungsangeboten, bestehenden Schutzinstrumenten und verbleibenden Schutzlücken.

 

 

Geschäftsstelle

Um die in den Handlungsfeldern skizzierten Maßnahmen durchführen und die damit verbundenen Ziele erreichen zu können, bedarf es einer verlässlichen und dauerhaften Organisation und hinreichender Ressourcen. Die Geschäftsstelle des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ wird zur verbindlichen Anlaufstelle der im Verein zusammengeschlossenen Verbände und Interessenvertretungen. Sie organisiert in Rückbindung an die Mitglieder die nach innen und nach außen gerichteten Aktivitäten des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“

Die Geschäftsstelle des „Netzwerk diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz e.V.“ ist besetzt mit:

  • einer Person mit volljuristischer Ausbildung (insbesondere Qualifizierung und Unterstützung der Beratungsarbeit vor Ort, rechtliche Unterstützung von Betroffenen, Weiterentwicklung des Diskriminierungsschutzes durch Richter:innenrecht, Politikberatung);
  • einer Person mit (sozial)pädagogischer Ausbildung (insbesondere Unterstützung und Begleitung von Betroffenen, Zuarbeit zu Presse-, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, Politikberatung);
  • einer Person für Presse-, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit sowie
  • einer Verwaltungsfachkraft.

Die Mitarbeiter:innen der Geschäftsstelle bilden die Vielfalt der Gesellschaft (AGG-Merkmale und weitere Diskriminierungsrisiken) ab und sind für die jeweiligen Tätigkeiten durch Ausbildung und/oder einschlägige Berufserfahrung qualifiziert. Die Geschäftsführung obliegt einer der drei erstgenannten Mitarbeiter:innen.

Konkrete erste Schritte

  • Unmittelbar nach Vereinsgründung im Herbst 2021: Stellung eines Projektantrags bei der Landesantidiskriminierungsstelle für das Haushaltsjahr 2022. Ziel ist die Förderung eines Projekts zum Aufbau einer Infrastruktur (u.a. Raummiete, Kommunikationstechnik) und zur Durchführung von ersten Maßnahmen (Drittmittelakquise sowie Maßnahmen zur Vernetzung und Qualifizierung von Akteur:innen auf kommunaler Ebene und zur Presse-, Öffentlichkeits- und Informationsarbeit).
  • 2022: Aufbau der Büro-Infrastruktur (1. Halbjahr 2022), Werbung für ein/Beteiligung an einem Gesetzgebungsverfahren für ein Landesgleichbehandlungsgesetz/Landesantidiskriminierungsgesetz; Durchführung eines Vernetzungstreffens kommunaler Akteur:innen zur Bedarfserhebung im Hinblick auf Qualifizierung, Erarbeitung und Durchführung von entsprechenden Qualifizierungsmodulen, Presse-, Öffentlichkeits- und Informationsarbeit, Beratungstätigkeit gegenüber Haupt- und Ehrenamtlichen in ihrer Beratungstätigkeit vor Ort, Mittelakquise (Landesebene, Bundesebene, Stiftungen, sonstige potentielle Zuwender:innen) zur Ausweitung der Handlungsfelder in 2023 und folgende.

 

Mainz, den 15. Juli 2021

[1] Am 29. Juni 2012 unterzeichneten alle an diesem Prozess der Netzwerkbildung beteiligten Verbände und Interessenvertretungen ein gemeinsames Leitbild. Damit war der erste Meilenstein erreicht: die Bildung eines merkmalsübergreifenden und dem horizontalen Ansatz verpflichteten Netzwerks, das aus Mitgliedern aller im AGG geschützten Merkmalsbereiche besteht.